14 Jul 2024

Nathanael


Leute murmeln, Stühle knarzen, Gläser klirren. Und auf einmal … Stille.

Für die aufgeregten Schauspieler*innen, welche hinter dem Vorhang warteten, war es endlich so weit. Nach einem ganzen Schuljahr Vorbereitung standen die Vorstellungen der Theater-AG der Oberstufe des HJG an. Doch lasst uns zunächst einen kleinen Blick hinter den Vorhang werfen. Die Theater-AG der Oberstufe ist nämlich eine wiederauferstandene Tradition, welche sich über die letzten Jahre ein wenig hinter der ein oder anderen Pandemie verlaufen hatte. Umso wichtiger war es, dass sich interessierte Schüler*innen finden lassen. Und damit hat uns das Team in keinster Weise enttäuscht. Bereits nach wenigen Stunden bewiesen sich die Teilnehmer*innen als wahre Naturtalente und zeigten ein Engagement und Liebe zum Detail, das dem zu bearbeitenden Stück einen äußerst fruchtbaren Boden gab, um zum schlussendlichen Kunstwerk heranzuwachsen.

Unter der Leitung von Herrn Delkurt, Herrn Hardt und Herrn Hauernherm verarbeitete die Gruppe das Stück „Der Sandmann“ von E.T.A. Hoffmann zu ihrer Adaption „Nathanael“. Diese verwandelte den Protagonisten in eine gespaltene Persönlichkeit mit je 2 Schauspieler*innen, welche die innere Zerrissenheit durch mehrere Konflikte der Darsteller*innen miteinander vermittelte. Zusätzlich haben sie „Das dunkle Prinzip“ als Charakter eingeführt, der den Wahnsinn des traumatisierten Nathanael verkörpert und ihn förmlich einnimmt.

So nahm uns die AG mit auf die wundersame Reise wie Nathanael sich in dem Verlust seines Verstandes wiederfindet, nur um den Kampf gegen sich selbst zu verlieren. Aber wer weiß genau, ob diese abstrus scheinende Geschichte wirklich nur eine Begleiterscheinung des Wahnsinns ist oder gar doch die wahre Realität zeigt?

Was können wir wissen? Um uns diesen Anblick zu ermöglichen, musste jedoch noch einiges getan werden. Denn zu einem guten Theaterstück gehören nicht nur ausgezeichnete Schauspieler*innen, sondern eben auch eindringliche Bühnenbilder, dessen Komponenten gerne mal die Nähe zum Publikum suchten, sowie eine Licht- und Ton-technische Unterstützung.

Beim Aufbau meisterten die Teilnehmer*innen hin und wieder zunächst ein Kabelent- und Verwirrungsspektakel, gewöhnten sich allerdings mit der Zeit etwas mehr an die neuen Umstände. Stimmungsuntermalende Farben ließen die Zuschauer*innen weiter in das Geschehen eintauchen. Innovative Ideen und private Mitbringsel, aber auch selbst finanzierte Bestellungen vervollständigten zwischen vielen Witzen nach und nach die Szenen.

Und ehe sich unsere jungen Teilnehmer*innen versahen, war der 14.06.2024 gekommen. Die Premiere sollte beim Jugendkulturfestival im Hunsrück-Museum Simmern stattfinden. Zu ihrem Erschrecken musste die Gruppe allerdings einiges umplanen: Sie mussten plötzlich ohne Vorhang, ohne Bühne, mit wenig Requisiten und einem kurzfristigen Wechsel der einen Hauptrolle arbeiten. Trotzdem ließen sie sich keinesfalls unterkriegen! Nichts konnte unsere entschlossenen Schauspieler*innen mehr aus der Ruhe bringen.

Somit improvisierten sie sich herzlich eine neue „Bühne ohne Bühne“. Es stand nun (tatsächlich) nichts mehr zwischen ihnen und dem Publikum, welches gespannt auf die Show wartete. In den nächsten 60 Minuten überzeugte die Gruppe mit expressiven Dialogen, Tanz und Gesang.

Großer Aufschrei für die Leute an der Technik begann jedoch, als der Ton bei dem von Olimpias Charakter gesungenem Lied „Sweet Dreams“ versagte, und man diese Einlage nur besonders in den ersten Reihen bewundern konnte. Dennoch war der Auftritt ein großer Erfolg, welcher mit einem außerordentlichen Applaus belohnt wurde. Das Selbstbewusstsein des Teams wuchs und die anfänglichen Sorgen fielen ihnen wie ein Stein vom Herzen.

Demnach waren die darauffolgenden Auftritte ein Leichtes, das mit einer lockeren Art den Zuschauer*innen die skeptische Botschaft über die Perspektiven im Leben gleichzeitig mit etwas Humor übermitteln konnte. Leider erfolgte bei der letzten Show im Herzog-Johann-Gymnasium erneut die Problematik mit dem Mikrofon von Olimpias Schauspielerin. Allerdings wollten sie auch den (hier deutlich weiter entfernten) Personen der hinteren Reihen nichts vorenthalten. Deshalb schlossen sie ihre Odyssee zwischen Nathanaels Innen- und Außenwelt, sowie der Stadt Simmern, mit einem kleinen Mini-Konzert ab. Schlussendlich standen nun alle Teilnehmer*innen also wieder auf der Bühne, wo alles begann. Sie blickten zurück auf eine unvergessliche Zeit voller Lachen, kreativer Einfälle und ganz viel Absurdität, aber ebenso nach vorne, auf ein weiteres Jahr, was noch mehr Begeisterung in ihnen erwecken kann.

Für dieses Schuljahr schließt sich hiermit der Vorhang der Oberstufen-Theater-AG. Doch freut er sich, wenn er nächstes Jahr wieder ein paar neue Gesichter voller Vorfreude enthüllen darf. Damit bis nächstes Jahr!